Ein Leuchtturmprojekt aus Holz.

Text: Daniel Schriber Foto: Corinne Glanzmann, 4 Min. Lesezeit
Ein Leuchtturmprojekt aus Holz.

Pirmin Jung ist nicht nur innovativer Unternehmer, sondern auch Visionär. Und zwar einer, der auch gerne andere an seinen Ideen und Gedanken teilhaben lässt. «Ich habe bestimmt schon 100 Mal über unser Projekt referiert», sagt der Inhaber und Geschäftsführer der PIRMIN JUNG Schweiz AG und lacht. Es ist ja auch nicht so, dass ihm das Reden verleidet wäre – im Gegenteil: «Je mehr Menschen wir mit unseren Visionen begeistern können, desto besser.» Der Grund für das grosse Interesse an Pirmin Jung steht an der Centralstrasse 34 in Sursee, nur fünf Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Hier, mitten im Städtchen, plante und realisierte das schweizweit tätige Ingenieur- und Planungsunternehmen ein sechsstöckiges Büro- und Wohngebäude aus Holz. Zum Projekt kam es, weil der Platz am früheren Sitz in Rain für den wachsenden Betrieb je länger, je knapper wurde. Als der Chef von einem Mitarbeitenden auf die Landparzelle mitten in Sursee aufmerksam gemacht wurde, musste Pirmin Jung nicht lange überlegen: «Ich machte den Eigentümern noch in derselben Woche ein Kaufangebot.» Mit der darauffolgenden Unterschrift nahm das Projekt seinen Lauf. Im Oktober 2022 konnte PIRMIN JUNG ihren neuen Hauptsitz nach knapp zweijähriger Bauzeit beziehen – und als das Unternehmen kurz darauf zur feierlichen Eröffnung lud, wollten mehr als 2000 Besucherinnen und Besucher das Vorzeigeprodukt «made in Sursee» mit eigenen Augen sehen.

Fast ausschliesslich einheimisches Holz

Bei unserem Besuch vor Ort im Frühling zeigt sich rasch: Auch nach 100 und mehr Vorträgen brennt Pirmin Jung noch immer für das visionäre Holzprojekt, das vom Luzerner Architektenteam rund um Marc Syfrig entworfen wurde. Lebhaft und mit leuchtenden Augen berichtet der Unternehmer im stilvollen Sitzungszimmer von seinem Herzensprojekt. «Seit 24 Jahren leisten wir in der Planung nachhaltiger Holzbauten Pionierarbeit. Unser Ziel ist es, auch weiterhin eine Vorbildfunktion zu übernehmen und aufzuzeigen, wie man in Zukunft bauen sollte, um die Umwelt und damit auch das Klima zu schonen.»

Am Beispiel des Neubaus in Sursee bedeutet dies, dass der Baukörper schon in der Planungsphase so definiert wurde, damit Materialien mit möglichst tiefen CO2-Emissionen verwendet werden. Wie der Name des Gebäudes verrät, sind fast alle Bauteile aus Holz. Das gilt für die Holzrahmenkonstruktionen an den Wänden genauso wie für die Decken der Büros, die Aussenfassade, den Grossteil der Isolation, die Tragwerke – und sogar für den Unterlagsboden und die beiden Liftschächte. Die einzige Ausnahme bildet das Untergeschoss. «Da dieses im Grundwasser steht, musste es in Beton ausgeführt werden», erklärt Jung fast schon entschuldigend. Wo immer möglich, wurde Holz aus heimischen Wäldern verwendet. Lediglich ganz wenige, hierzulande nicht verfügbare Bauteile stammen aus dem grenznahen Ausland.

«Indem wir grossmehrheitlich Schweizer Holz verwendeten, konnten wir nicht nur die lokale Wertschöpfung unterstützen, sondern auch die Transportwege und dadurch die CO2-Emissionen tief halten.» Nachhaltig ist auch das Energie- und Mobilitätskonzept des Hauses: In der Tiefgarage hat das Unternehmen weniger Parkplätze als erlaubt gebaut – dafür stehen dort mehrere Elektrofahrzeuge von Mobility. Der Strom dafür wird mit der eigenen Photovoltaik-Anlage auf dem Firmendach produziert.

Ein Musterprojekt des digitalen Bauens

Eine weitere Besonderheit des Projekts: Das Haus des Holzes wurde komplett digital geplant und realisiert. Dafür setzte der Bauherr auf die BIM-/ VDC-Methode (Building Information Modeling). «Bei dieser Methode werden die vernetzte Planung, der Bau und die Bewirtschaftung des Gebäudes durch eine spezielle Software unterstützt», erklärt Pirmin Jung. Dabei wird das gesamte Gebäude mit allen relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. «BIM erschafft vor dem Baustart einen digitalen Zwilling, der es ermöglicht, das Gebäude vor der Realisierung detailliert zu prüfen und zu optimieren», erklärt Jung. «Für viele unserer Partner war diese Methode Neuland.» Das habe auch zu Herausforderungen geführt. So wurden zum Beispiel weder Papierpläne ausgedruckt noch Mails verschickt, dafür verfügte das ganze Planerteam jederzeit digital über alle Informationen. «So konnten alle auftauchenden Fragen während der Planung interdisziplinär direkt am digitalen Modell besprochen und gelöst werden.»

Neues Feld für AS Aufzüge

Zum Haus des Holzes gehören auch zwei Lifte (Modell SwissLift) aus dem Hause AS Aufzüge. Einer fasst 900 Kilogramm beziehungsweise 12 Personen, der andere 640 Kilogramm respektive 8 Personen. Wie der Rest des Hauses wurden auch die Aufzüge nach der BIM-Methode geplant und umgesetzt. «In anderen Märkten ist dieses Vorgehen Standard, für uns war das Haus des Holzes jedoch das erste BIM-Projekt», sagt Dieter Biedermann, Verantwortlicher Verkauf Neuanlagen. «Gerade in der Anfangszeit brauchte es deshalb etwas mehr Zeit. Letztlich war es für uns und das ganze Montageteam von AS aber eine tolle Gelegenheit, bei einem so spannenden, innovativen und nachhaltigen Projekt mitwirken zu können.»

Unterstützung fanden Dieter Biedermann und sein Team bei Ruth Gasser. Als Senior Global BIM Manager bei Global Large Projects stand die langjährige Schindler-Mitarbeiterin dem AS-Team bei der Umsetzung des Projekts zur Seite. Die Ingenieurin, die früher noch am Reissbrett zeichnete und plante, ist überzeugt: «Die Anzahl der komplett digitalen Bauprojekte wird in den kommenden Jahren stark zunehmen.» Schon heute würden viele Fachplaner in einer digitalen 3D-Umgebung arbeiten. «Was bisher jedoch noch kaum stattfand, ist das Zusammenführen aller bereichsübergreifenden Modelle und digitalen Metadaten.» Das werde sich in Zukunft ändern. Das betont auch Dieter Biedermann. «Wir haben in den vergangenen Monaten viel investiert, um diese Kompetenzen bei AS zu stärken, so dass wir diese Projekte in Zukunft allein stemmen können.» So wurden im Frühjahr die AS-Mitarbeitenden aus dem Verkauf und im Ingenieurbereich intensiv in dem Thema geschult und ausgebildet. Das begrüsst auch BIM-Expertin Ruth Gasser. «BIM beinhaltet nicht nur die Ausführung. Das Thema startet beim Verkauf und zieht sich durch die ganze Wertschöpfungskette bis hin zum Unterhalt.» Entscheidend sei deshalb, dass sich die Unternehmen und ihre Arbeitnehmenden auf diese Entwicklung einlassen. «BIM ist eine grosse Chance, die viele neue Möglichkeiten schafft.» Diesen Satz würde wohl auch Pirmin Jung unterschreiben. Für die digitale Umsetzung des neuen Firmensitzes gewann die PIRMIN JUNG Schweiz AG sogar den renommierten Arc-Award in der «Kategorie BIM: Zukunftsweisende Entwicklungen».

PIRMIN JUNG plant derweil bereits ihren nächsten Coup. In den kommenden Jahren wird das Unternehmen aus Sursee am Flughafen Zürich das bisher grösste, hauptsächlich aus Holz hergestellte Flughafendock mitplanen und bauen. Wenn es so weit ist, wird Pirmin Jung bestimmt den einen oder anderen Vortrag darüber halten.

AS Produkte im Einsatz:

Mehr zu den Themen des Artikels:

Weitere Artikels die sie interessieren könnten: